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Prachtschmerle (Botia macracanthus [Bleeker, 1852])



Einleitung
Die Prachtschmerle gehört mit Sicherheit zu den farbenprächtigsten und auffallendsten Süßwasserfischen. Sie erfreut sich bei vielen Aquarianern großer Beliebtheit, obwohl sie für die wenigsten Aquarien auch nur annähernd geeignet ist, da sie einerseits groß wird, andererseits eine sehr schwimmaktive, gesellige Schmerle ist. Ihre Ersteinfuhr war 1935.

Name
Die Prachtschmerle trägt den Namen Botia macracanthus. Der Name macracanthus bedeutet der "große Stachel". Da er ein Namen ist, wird er trotz des femininen Gattungsnamen masculin dekliniert.

Größe und Lebenserwartung
Die Prachtschmerle B. macracanthus erreicht eine Größe von bis zu 30 cm. Die Endgrößen im Aquarium liegen in der Regel etwas darunter, dennoch sollte man von erreichbaren Größen bis 25 cm ausgehen. Das folgende Bild zeigt ein Tier aus dem Aquarienverein Scalare Bad Neunahr-Ahrweiler von einer Größe zum Aufnahmezeitpunkt von etwa 24 cm.
Die Lebenserwartung ist hoch. Es wurde wiederholt von Tieren mit 18 Jahre Alter berichtet. Einer der Gründe, warum in vielen Literaturangaben geringere Endgrößen angegeben werden, dürfte darin zu suchen sein, daß wenige Aquarianer die Tiere bis an ihr Lebensende in entsprechend geräumigen Aquarien pflegen.

Verbreitung
Südostasien. Sumatra und Borneo.

Haltung
Die Haltung der Prachtschmerle ist vom Prinzip nicht schwierig. Bezüglich der Wasserwerte ist sie anpassungsfähig, obwohl sie in ihren Hauptlebensräumen eher weicheres, leicht saures und warmes Wasser antrifft. Aufgrund ausgedehnter Laichwanderungen, die sie zur Paarungszeit unternimmt, ist jedoch eine höhere Toleranz gegenüber schwankenden Wasserwerten anzunehmen oder ausgeprägt.

Viel wichtiger als die Wasserwerte ist die Größe des Aquariums und die Strukturierung desselben. Aufgrund der hohen Lebenserwartung und ihrer Endgröße sind sehr geräumige Aquarien erforderlich. Sie sollten keinesfalls unter 500 l betragen. Ein Becken mit den Maßen 150 x 60 x 60 cm (L x B x H) sollte den Tieren als untere Grenze angeboten werden.

Der Bodengrund ist nicht zwingend vorgeschrieben, obwohl die Tiere sich offensichtlich auf feinerem Sandboden deutlich wohler fühlen.

Die Einrichtung sollte sehr stark strukturiert sein mit vielen Unterständen, nicht einsehbaren Höhlen und zumindest partieller dichterer Bepflanzung. Die Wahl des Materials für die Unterstände und Höhlen ist zweitrangig. Ich halte meine 5 Tiere in einem Becken mit sehr vielen Holzwurzeln, wo die Prachtschmerlen eine größere Höhle als Hauptunterstand bezogen haben. Im Aquarienvereine Scalare Bad Neuenahr-Ahrweiler lebt eine weitere Gruppe von 6 Tieren. Für sie wurden halbrunde Tonröhren in den Bodengrund eingebaut, nur die Öffnungen sind zugänglich. Die Röhren wurden von den Prachtschmerlen direkt bezogen und sind ihre Rückzugsstandorte bei Störungen im Umfeld des Aquariums.

Prachtschmerlen sind tendenziell gründelnde Tiere, was vor allem bei Sandboden zu stärkerem Durchwühlen des anfallenden Mulmes führt, wodurch leichte Wassertrübungen ausgelöst werden. Dies spielt für das Wohlbefinden der Tiere keine Rolle, wer jedoch Wert auf klares Wasser legt, sollte eine effektive Filterung installieren.

Die Ernährung der Prachtschmerle bereitet keine Probleme. Sie geht willig an angebotenes Trocken-, Frost- und Lebendfutter. Man sollte jedoch auf jeden Fall pflanzliche Beikost in Form von Gurken, Zucchini oder ähnlichen anbieten.

Sozialverhalten und Geschlechtsunterschiede
Der Prachtschmerle (B. macracanthus) ist ein Fisch der unteren Wasserregionen. Dennoch sucht sie das gesamte Becken oft nach Nahrung ab und geht dabei auch bis an die Wasseroberfläche, wo sie auf den Rücken schwimmend, Schwimmpflanzendecken abweidet.

Die Tiere sind zwingend in Gruppen von 5 Tieren und mehr zu halten. Die Schmerle ist außerordentlich gesellig und verkümmert in Einzelhaltung, was man bei genauer Beobachtung isoliert gehaltener Prachtschmerlen den Tieren ansieht. Sie zeigen regelrechte Verhaltensstörungen, tendieren zur Schreckhaftigkeit und sind nur selten zutraulich. Die Tiere einer Gruppe kennen sich untereinander individuell, phasenweise kann es zur Ausbildung einer Rangordnung kommen, meist sind die Individuen einer Gruppe jedoch gleichberechtigt. Ebenso kennen die Prachtschmerlen nach einer Eingewöhnungszeit, die individuell unterschiedlich lang ist, auch den oder die Beckenpfleger genau. Das kann man leicht daran erkennen, daß sie sich nicht zurückziehen, wenn ihnen bekannte Personen sich dem Aquarium nähern, bei ihnen fremden Menschen sie sich jedoch in ihre Unterstände zurückziehen.

Im englischen Sprachgebrauch heißt die Prachtschmerle "Clown loach". Besser kann man die Art nicht charakterisieren, da sie tatsächlich oft wie ein Clown auftritt. Dabei kann es zu den merkwürdigsten Verhaltensmustern kommen bis hin zu einer Art Totstellen, wo ein Tier minutenlang auf der Seite liegt, als ob sie verstorben wäre. Im nächsten Augenblick schwimmt sie dann wieder munter durchs Aquarium und sucht die Gruppe auf. Aus verhaltensphysiologischer Sicht müssen wir leider feststellen, daß die Lebensäußerungen dieses Tieres bisher wohl kaum verstanden sind.

Prachtschmerlen sind zur Lautproduktion befähigt. Sie äußern sich in knackenden Geräuschen, wobei verschiedene Muster erkennbar sind, die aber nicht eindeutig bestimmten Verhaltensmustern zugeordnet werden können. Drohlaute sind jedoch mit Sicherheit zu identifizieren. Mit der Fähigkeit zur Lautproduktion ist ein gutes Hörvermögen verbunden, die Tiere reagieren auf Laute aus der Umgebung, bei uns antworten sie manchmal auf Klaviermusik mit Knacken.

Geschlechtsunterschiede sind nicht gesichert bekannt. Die Angaben im Mergus Atlas Band, S. 370 sind mit einer gewissen Vorsicht zu bewerten.

Zucht
Geregelte, planmäßige Nachzuchten der Prachtschmerle sind nicht bekannt. Über Zufallszuchten wird gelegentlich berichtet. Einer der wenigen gemeinsamen Faktoren dürfte in einer starken Umstrukturierung des Hälterungsbeckens vorzugsweise in den Wintermonaten sein, verbunden mit größeren Änderungen der Wasserparameter.

Der Grund liegt im Fortpflanzungsverhalten der Prachtschmerle in der Natur. Die Tiere sind in der Natur Winterlaicher zur Regenzeit und führen Laichwanderungen durch. Die Angaben über die Laichwanderungen sind derzeit noch widersprüchlich. Es wird von Wanderungen in die Oberläufe von Bächen und Flüssen gesprochen, andere Populationen sollen in die Mündungsgebiete der Flüsse ziehen und im Brackwasser ablaichen. Es bleibt in den kommenden Jahren noch zu klären, ob sich diese unterschiedlichen Angaben bestätigen lassen und welche Konsequenzen daraus für die Aquarienhaltung und Zuchtversuche zu ziehen sind.

Eines ist eindeutig, die Tiere sind im Prinzip nach der Kirschbaumschen Methode für eine Zucht zu behandeln. Das umfaßt größere Wasserwechsel, durchaus mit kälterem Wasser, Veränderungen der Wasserparameter, verbunden mit Umstrukturierungen im Aquarium usw. Alle Faktoren simulieren die Laichwanderungen der Tiere.

In Aquarianerkreisen gibt es auch immer wieder Gerüchte, über hormonstimulierte Nachzuchten. Diese sind, wenn sie durchgeführt und gelungen sind, jedoch nicht zitierbar publiziert.

Besondere Anmerkungen
Der Prachtschmerle (Botia macracanthus) wird eine hohe Anfälligkeit gegenüber dem Erreger der Weißpünktchenkrankheit (Ichthyophthirius multifiis) nachgesagt. Dies stimmt nur bedingt. Gesunde, artgerecht gepflegte Prachtschmerlen sind äußerst widerstandsfähige Tiere. Größere Infektionen mit dem Erreger kommen jedoch häufiger bei frisch importierten Tiere vor, vor allem dann, wenn sie unterernährt sind.

Prachtschmerlen werden leider viel zu häufig gegen Schneckenplagen eingesetzt und auch empfohlen, dabei werden die grundsätzlichen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes des öfteren auf eklakante Art und Weise mißachtet. Richtig ist, daß sie ein guter Schneckenvertilger ist, aber aufgrund ihrer Endgröße, Lebenserwartung und Sozialverhaltens hat diese Tierart nichts in kleinen und mittleren Becken verloren.

Dieser Bericht wird weiter ergänzt und vervollständigt. Die Einarbeitung der Literaturangaben folgt.

Verwechslungsmöglichkeiten
Keine.

Literatur:
Riehl, R. & Baensch, H. (2001): Mergus Aquarienatlas, Band 1, 13. Auflage 2001, S. 370. Melle (Mergus Verlag). ISBN 3-88244-065-1

Empfehlenswerte Links:
Die Schmerlenseite von Andreas S. Kinast

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